Was ist Realität? Eine Unterscheidung zwischen subjektiver und objektiver Wirklichkeit
Ein Ausflug in die Quantenphysik
Die Quantenforschung stellt unser Weltbild in Frage. Die Welt um uns herum: sie scheint verlässlich, solide und eindeutig. Ein Stuhl ist ein Stuhl – egal, ob wir darauf sitzen oder ihn aus dem Fenster werfen. Die blaue Tasse auf dem Frühstückstisch steht auch da, wenn wir nicht hinsehen. Der Schlüssel hängt am Haken und ist nicht gleichzeitig in Küche und Wohnzimmer. Für jede Wirkung gibt es scheinbar eine Ursache und, selbst wenn die Ursachen zu komplex sind, um sie genau zu analysieren, theoretisch könnten wir sie finden. Alles Selbstverständlichkeiten? Nein, sind sie nicht.
Stuhl, Tasse, Schlüssel: Sie alle bestehen aus Abertrillionen von Atomen, die sich aus Elektronen und Kernbausteinen zusammensetzen, aneinander gebunden durch Kraftteilchen. Und hier wird unsere sichtbare und angenommene Realität sehr stark in Frage gestellt, denn z.B. können Elektronen an mehreren Orten gleichzeitig sein. Sie verhalten sich mal wie ein Partikel, mal wie eine Welle und wann etwas zerfällt, ist nicht vorhersehbar und geschieht scheinbar zufällig. Teilchen können geisterhaft verbunden sein, selbst wenn sie Lichtjahre voneinander entfernt sind. Und die wesentliche Erkenntnis überhaupt: durch den Beobachter wird das Beobachtete beeinflusst!*
Wie kann auf dieser beweglichen und nach geheimnisvollen Gesetzen funktionierenden Mikro-Welt unsere solide Alltagswelt fußen? Sind wir vielleicht blind für tiefere Gesetzmäßigkeiten und halten uns am Sichtbaren, Messbaren und Verlässlichen fest? Was wissen wir wirklich über das Wesen der Dinge? Die Quantentheorie liefert mittlerweile die Grundlage für moderne technische Errungenschaft und, obwohl sie unserer nachvollziehbaren Wahrnehmung nicht entspricht („Der Schlüssel hängt doch im Flur“), bildet sie das Fundament für Erklärung von Phänomenen und die Entwicklung hoch spezialisierter Technik.
Unsere ganz „eigene“ Wahrheit
Einsichten und Offenbarungen erscheinen auf natürliche Weise in der Betrachtung. Weisheit und Klarheit sind natürliche Nebenprodukte der Betrachtung und der Bereitschaft, dem Verstand nicht zu folgen.
Gangaji
Das Interesse an Realität zeigt sich für einen inneren Forscher wahrscheinlich weniger bezogen auf das „Wesen der Dinge“ als in den Fragen: Wer bin ich wirklich? In welcher Realität lebe ich? Was sind die Grenzen dieser Realität? Und was ist DIE Realität?
„Meine Realität“ ist die Brille, durch die ich blicke, sind die Interpretationen, mit denen ich Erfahrungen und Wahrnehmungen einordne, sind Überzeugungen, die für mich wahr sind, und sind auch die Gefühle, die aus all diesen Gedanken hervorgehen. In der inneren Wissenschaft, der Forschungsmethode eines inneren, spirituellen Menschen auf seinem Weg, erfolgt irgendwann die Erkenntnis, dass die größte Blindheit des Forschenden darin besteht, seine „eigene Welt“ nicht wirklich zu kennen. Wir sind identifiziert mit einem Ich-Geist, d.h. einer in sich geschlossenen Welt, die glaubt, Wirklichkeit zu sehen. Und der erste wesentliche Schritt, um sich der Realität anzunähern, könnte darin liegen, sich diese Begrenztheit einzugestehen.
Wir stellen fest, dass wir uns für Wahrheit interessieren, weil wir ahnen, dass wir in Unwahrheit leben – nicht in der Realität, sondern in unserem Traum, in unseren Überzeugungen und Vorurteilen, in wiederkehrenden Gefühls- und Gedankenmustern, in einer Wahrnehmung von Getrenntheit, die Mangel – und Angstzustände hervorruft. Das Interesse für die innere Wissenschaft entsteht aus unserem eigenen Leidensbewusstsein. Wir leiden unter der Begrenztheit unserer Perspektive und beginnen uns für innere Wahrheit und das wahre Selbst zu interessieren. Dies wird zu einem Bedürfnis aus der Tiefe unseres Herzens und ist kein reiner Willensakt und nicht nur eine Angelegenheit unseres Verstandes.
Das Erlangen von Unterscheidungskraft
Wir stellen fest, dass wir uns für Wahrheit interessieren, weil wir ahnen, dass wir in Unwahrheit leben – nicht in der Realität, sondern in unserem Traum, in unseren Überzeugungen und Vorurteilen, in wiederkehrenden Gefühls- und Gedankenmustern.
Das Interesse an Wahrheit
„Ich ermutige dich, die Betrachtung darauf zu richten, was Wahrheit ist, was Freiheit ist, wer du wirklich bist. Vertiefe die Betrachtung mehr und mehr. Einsichten und Offenbarungen erscheinen auf natürliche Weise in der Betrachtung. Weisheit und Klarheit sind natürliche Nebenprodukte der Betrachtung und der Bereitschaft, dem Verstand nicht zu folgen.“ (Gangaji)**
Alle inneren Lehren der spirituellen Traditionen sagen, dass eine objektive Realität existiert und von einem Menschen erkannt werden kann. Der Begriff der „Selbst-Realisation“ weist darauf hin, dass in der Durchdringung unserer subjektiven Realität, in dem Loslassen und Sterben von Unwahrheit und falschem Wissen, das bleibt, was wirklich ist, das Selbst. Es ist schwierig für uns westlich geprägte Menschen anzuerkennen, dass diese Ebene von Wissen und Erkenntnis nicht durch unseren Verstand erreicht werden kann. Es ist unser denkender Geist, der uns trennt von Wirklichkeit, und wir können uns schwer vorstellen, dass in uns eine tiefe Intelligenz liegt, die in Kontakt kommen kann mit einer Realität, die immer schon war und ist und sein wird. Der innere Forscher, der sich für Realität interessiert, kann diese nur finden, indem er sich auf einen Weg begibt, der das in Frage stellt, woran er bisher geglaubt hat; der bereit ist, immer wieder leer zu werden von archiviertem Wissen und -unschuldig wie ein Kind – dem lauscht, was die großen spirituellen Meister lehren; der seinen eigenen Begrenzungen ins Auge schaut und die Demut hat, seine subjektive Welt grundlegend in Frage zu stellen.
Verweise im Text:
*frei zitiert aus: GEOplus „Was ist noch real? Die Quantenforschung stellt unser Weltbild in Frage“ von Klaus Bachmann
** aus „Du bist DAS“, Gangaji, erschienen im Lüchow Verlag
*** OM C. Parkin im Darshan „Ich schlief und träumte mein Leben“